Dokumentation Haushaltssanierung und Verwaltungsreform/Internationale Berichterstattung
Kommunale
Selbstverwaltung (Tokio)
Erscheinungsdatum: 3/98
Auflage: 30.000
Verwaltungsreform in Neustadt an der Weinstraße
von: KENJI YAMAUCHI, JETRO Düsseldorf
(Japanische Außenhandelszentrale, Düsseldorf)
(aus dem Japanischen von Chie Yoshikawa)
Inhalt
1.
Der Überblick von "Neustadt an der Weinstraße"
2.
Verwaltungsreform in der Stadt Neustadt- "Keine Theorie, nur Praxis"
2.1
Politik der Stadt Neustadt - der Grundkonsensus für die Haushaltskonsolidierung
2.2
Die Bürger von der Stadt Neustadt - Beteiligung an der Stadtpolitik
durch Kommunikationsnetze
2.3
Verwaltungsreform in der Stadt Neustadt
2.3.1
Förderung der "Privatisierung" im wirtschaftlichen Bereich
2.3.2
Die Wirkung im Bereich der Kernverwaltung
2.3.3
Beseitigung des Budgetausschöpfens
2.3.4
Die Schaffung der einer "durchschaubaren" Struktur am Arbeitsplatz
3. Zusammenfassung
Anmerkungen
1. Die Überblick von "Neustadt an der Weinstraße"
In Deutschland gibt es insgesamt achtmal eine Stadt namens "Neustadt" und hier geht es um eine davon. "Neustadt an der Weinstraße" hat 54.000 Einwohner und ist. die größte Stadt namens "Neustadt"( bundesweit die einhundertundsiebzigste größte Stadt). Sie hat eine ältere Geschichte, als man sich von ihrem Namen her vorstellt. Schon 1275 wurden ihr die Stadtrechte vom Rudolf I von Habsburg verliehen. Die Altstadt ist umsäumt von dem Rathaus und der Kirche, man sieht hier viele alte Fachwerkgemäuer, und deshalb nennt man diese Stadt die "Perle der Pfalz". Die Stadt Neustadt liegt etw.60 km südlich der Stadt Heidelberg auf der linken Seite des Rheins und reicht bis zum Pfälzerwald. Dies ist die wärmste Gegend in Deutschland und bekannt für ihre Traubenprodukte sowie Weine. Die Stadt Neustadt ist das Zentrum der Weinstraße, wie der Name schon sagt, und ist bekannt als die Stadt der Weine in Deutschland.(20)
Aber in den siebziger Jahren mußten unter den Reformprozessen der Landwirtschaft nicht nur in Deutschland sondern in ganz Europa 70% aller kleinen Weinbauern oder Winzer in Deutschland aufgeben: d.h. die kommunale Wirtschaft wurde stark getroffen. In dieser Hinsicht kann man auch die folgende Verwaltungsreform als ein Beispiel des Strukturwandels der ganzen Kommune verstehen.
(Tabelle 3) Neustadt an der Weinstraße
Neustadt an der Weinstraße |
|
Staat |
Rheinland-Pfalz |
Einwohner |
53.788 |
Flächenraum |
117.11 km2 |
Bevölkerungsdichte |
59 /km2 |
Stadtsratmitglieder |
44 |
(CDU 19,SPD 14,FDP 1, Grüne
3,
|
2. Verwaltungsreform in der Stadt Neustadt- "Keine Theorie, nur Praxis"
Hintergrund und Grundlage
In den siebziger Jahren, als die
Basis der kommunalen Wirtschaft stark eingebrochen war, wurde in dieser
Stadt entschieden, ein großes Projekt für die neue Entwicklung
der Stadt durchzuführen, um sie zu beleben. Trotzdem war sie nicht
reif genug für das Projekt mit den massiven Investitionen. Das Projekt
wurde zum Beispiel für eine Stadt geplant, deren Bevölkerungszahl
auf 70.000 Einwohner steigen sollte, obwohl Neustadt nur et. 50.000 Einwohner
(1.1.1979: 50.400) hatte (man plante also für 40% mehr Einwohner)
(21). Diese sogenannten "zu gut gemeinten, aber nicht durchführbaren"
Projekte sind auch in Japan oft zu sehen, und man muß wissen, daß
die Bürger unter den unrealistischen Überinvestitionen leiden
müssen. Wegen dieses Projekts stiegen die Schulden pro Kopf auf 4.400
DM (1985 : 4.430 DM ), womit die Stadt Neustadt zu den Städten mit
der höchsten Verschuldung in Deutschland ,gehörte (Tabelle a).
Außerdem war das Steuereinkommen niedriger als erwartet, was die
Stadtfinanzen noch weiter verschlimmerte.
(Tabelle 4) Verwandlung der Finanzsituation
in Neustadt an der Weinstraße
1980 |
1985 |
1990 |
1994 |
1995 |
|
Gesamtausgabe
|
127.750 |
147.191 |
151.845 |
181.656 |
176.030 |
Einnahme
|
106.928 |
106.628 |
116.216 |
139.051 |
131.816 |
Steuern (netto) |
44.471 |
45.219 |
55.914 |
69.306 |
62.596 |
Zahlung von
|
17.083 |
13.639 |
21.715 |
32.329 |
34.345 |
Gebühren, zweckgebundene
|
31.086 |
23.759 |
9.806 |
12.757 |
13.295 |
Ausgaben |
102.396 |
106.539 |
106.695 |
136.787 |
135.379 |
Personalausgaben |
24.267 |
28.087 |
31.215 |
38.552 |
39.667 |
Laufender Sachaufwand |
22.113 |
37.709 |
27.925 |
26.926 |
26.512 |
Soziale Leistungen |
24.232 |
40.076 |
39.443 |
||
Zinsausgaben |
14.909 |
17.195 |
11.901 |
12.411 |
10.077 |
Schuldenstand je
|
3.665 |
4.430 |
3.384 |
2.620 |
2.497 |
Quelle: Der Deutsche Städtetag, Statistisches Jahrbuch Deutscher Gemeinden (1981-1996)
Unter dieser Situation mußte
die Stadt Neustadt damit anfangen, den Stadthaushalt wieder zu sanieren.
Damals wurde der Stadthaushalt unter der Initiative der Regierung durch
Sonderbedarfszuweisungen des Landes und Neuverschuldung kurzfristig ausgeglichen.
Aber man hat allmählich erkannt, daß diese ungeplante Verwaltung
das strukturelle Problem der Stadt nicht löst, und 1992 trat Dr. Jürgen
Weiler als Oberbürgermeister sein Amt an und es wurde angefangen,
den Stadthaushalt sowie die Stadtverwaltung gründlich neu aufzubauen.
Die Antwort des Oberbürgermeisters Weiler auf meine Frage " Was ist
die Grundlage der Neureform der Stadt? " heißt ganz klar und deutlich:
" Keine Theorie, nur Praxis:' Hier möchte ich den Inhalt der "Praxis"
darstellen und strukturieren. Zunächst kann man die Reform der Stadtverwaltung
und die Haushaltskonsolidierung in Neustadt so zusammenfassen:
Die Reform wurde von allen drei Gruppen, und zwar von "Politik, "Verwaltung" und "Bürgern", zusammen durchgeführt.
Die Reform bezog sich auch auf alle drei Gruppen (besonders durch die Reform des Bewußtseins).
Bei der Haushaltskonsolidierung gelten folgende zwei Punkte als Voraussetzung:
Prinzipiell wurde das Niveau der bisherigen Verwaltungsdienstleistungen beibehalten (insbesondere sollte ein bestimmter Investitionsumfang erhalten bleiben).
Steuern und Gebühren sind nicht erhöht wurden.
Gleichzeitig bemühte man sich um Kürzungen und Rationalisierungen der Kosten in allen Bereichen. Im folgenden Kapitel wird dies erklärt.
2.1
Politik der Stadt Neustadt - der Grundkonsensus für die Haushaltskonsolidierung
Die Stadt Neustadt wird von einer großen Koalition aus CDU und SPD regiert, die eine stabile Mehrheit im Parlament hat (Oberbürgermeister Weiler gehört zur SPD)(22). Wegen des Mißerfolgs der Finanzpolitik in den achtziger Jahren stimmten alle Parteien im Parlament über die Notwendigkeit des "selbständigen Aufbaus der Stadt" überein, so daß ein "Grundkonsensus" schon vorhanden war. Deswegen konnten auch "unpopuläre" Maßnahmen durchgeführt werden, so zum Beispiel der Verzicht auf große Projekte wie der Neubau eines Hallenbades oder eines Autotunnels. Nebenbei habe ich den SPD-Oberbürgermeister Weiler gefragt, welche Meinung er über die Konzeption der "Schlanker Staat" der Bundesregierung hat. Er hat gesagt: "Ich bin für die Konzeption und auch deren Inhalt, aber andererseits ist es auch klar, daß sie nicht realisiert werden kann, weil sowohl die SPD als auch die anderen Oppositionsparteien dagegen sind. Für mich ist es sinnlos, über unrealisierbare Sachen zu sprechen. Es geht nicht um Theorie, sondern nur um Praxis."
Dies bedeutet, um schmerzhafte Reformen wie Haushalts- oder Verwaltungsreformen durchzuführen, müssen die Entscheidungsträger diese durchsetzen können, wofür "die Basis der Regierung" stabil sein muß. Natürlich gibt es auch noch andere Voraussetzungen Für die Reform. In der Stadt Neustadt versucht man bei der Kostenvergütung für Stadtratsmitglieder zu sparen. In der Stadt Neustadt ist dieser Grundbetrag seit 1982 bei 300DM/Mon. (plus 2O,- DM für die Teilnahme an städtischen Ausschußsitzungen) geblieben. Die gesamten Kosten Für die politischen Gremien betrugen durchschnittlich 5O.OOODM/Jahr (etw.3.500.000 Yen), was im Vergleich zu anderen gleich großen Städten viel niedriger ist. Diese Beträge sind natürlich nicht besonders hoch, haben aber eine "symbolische Bedeutung", weil hier das Stadtparlament durch seine Bescheidenheit selbst seine Haltung gegenüber der Finanzreform zeigt.
2.2
Die Bürger von der Stadt Neustadt - Beteiligung an der Stadtpolitik
durch Kommunikationsnetze
In Deutschland gibt es viele kommunale Vereine sowie Bürgergruppen, die durch ihre Tätigkeit Bürger und Kommune miteinander verbinden, was auch in Japan schon bekannt ist.(23) Die Stadt Neustadt ist keine große Stadt, ist aber in neun Ortsteile geteilt. Es gibt viele Vereine oder Verbände, die durch ihre Tätigkeit informelle Kommunikationsnetze aufgebaut haben. Durch diese Vereine und Verbände nehmen die Bürger schon seit langem am "öffentlichen" oder "halb-öffentlichen" Bereich teilt(24). Als Beispiel kann man viele Veranstaltungen, wie die Größte Weinfeste in der Pfalz, nennen. Diese informellen Kommunikationsnetze und ihre Tätigkeit sind die Voraussetzung für die Bereitschaft des Bürgers, mit der Politik ( Verwaltung) zusammen zu arbeiten und die Probleme zusammen zu lösen.
Das erste Beispiel dafür, daß die Bürger durch solche Kommunikationsnetze an der Stadtreform teilgenommen haben, ist der Fall der öffentlichen Schwimmbäder in drei Ortsteilen von der Stadt Neustadt. Als die Verwaltung zur Reduzierung der Kosten den jeweiligen Ortsteilen vorgeschlagen hatte, die öffentlichen Schwimmbäder zu schließen, gab es eine große Diskussion, sagte Oberbürgermeister Weiler. Nach der Diskussion wurde vereinbart, daß die jeweiligen Schwimmbäder nicht geschlossen werden, sondern von gemeinnützigen Förder- und Trägervereinen, die nun Für die Schwimmbäder verantwortlich sind, weiter geführt werden. Dieser Erfolg brachte eine Kostenreduzierung von etw. 600.000 DM. Das Bürgerengagement endete nicht bei den Schwimmbädern. Die Einrichtungen von Schulen und Kindergärten oder der Betrieb von Kinderspielplätzen. wurden ebenfalls von Bürgerinitiativen übernommen: Dadurch erreichte die Stadt ihr Ziel, Kosten zu reduzieren, ohne daß das Niveau der Dienstleistung für die Bürger verschlechtert wurde. Man muß beachten, daß diese Übernahme von Mitverantwortung nicht von der Verwaltung erzwungen wurden, sondern von den Bürgerinitiativen freiwillig erfolgte. Die Verwaltung hat nicht einseitig den Bürgern die bereits gefällte Entscheidung angekündigt, sondern während eines Meinungsbildungsprozesses mit den Bürgern zusammen diskutiert und ihre Meinungen brachtet. Diese Aktivierung der Bürger durch die informellen Kommunikationsnetze hatte folgende Effekte:(25)
1) Auf der Seite der Stadtverwaltung wurden Kosten reduziert, wodurch wichtige Ausgaben für notwendige Geschäfte ermöglicht wurden.
2) Daneben bedachte die Verwaltung nicht nur, wie man die Kosten reduzieren kann, sondern auch "wie man effektiv und leistungsfähig Verwaltungsdienstleistungen anbieten kann"'
3) Auf der Seite der Bürger empfand man sich nicht mehr als bloßer Empfänger von Verwaltungsdienstleistungen, sondern man erweiterte sein Wissen über die Stadtverwaltung, und verringerte dadurch unverantwortliche und sinnlose Forderungen an die Verwaltung.
4) Außerdem entstanden demokratische "Lerneffekte", indem die Bürger nun bewußt an der Stadtverwaltung teilnehmen und erkennen, daß sich die Bemühungen der politischen Akteure auf die Entwicklung der Stadt beziehen.
2.3 Verwaltungsreform in der Stadt Neustadt
Die Verwaltungsreform in Neustadt an der Weinstraße hat zwei wichtige Merkmale. Erstens handelte man eher vorsichtig mit der Einführung des "Neuen Steuerungsmodells", das schon in mehreren Städten in Deutschland als "Mode" angesehen wird. Zweitens ließ man das System prinzipiell bestehen und bevorzugt, daß jeder arbeiten kann, wie er will.
2.3.1 Förderung der "Privatisierung" im wirtschaftlichen Bereich
Über das erste Merkmal sagte Oberbürgermeister Weiler: "Die Stadt Neustadt ist klein, wir haben nur etw. 800 Beamte. Deswegen ist es bei uns überflüssig, die eigene Arbeit einer Produktbeschreibung abgeben zu unterziehen oder neue Kontrollorgane einzurichten. Ich kann selber als Oberbürgermeister unmittelbar die Arbeit der Beamten sehen und sogar kontrollieren." Dies hängt natürlich von der Größe der Kommune ab, aber in vielen Kommunen mit der gleichen Größe wie die Stadt Neustadt wurde das "Neue Steuerungsmodell" bereits eingeführt. In Anbetracht dieser Situation kann man sagen, daß der Standpunkt des Oberbürgermeisters herausragend ist. Anderseits kann man nicht sagen, Daß er gegen das "Neue Steuerungsmodell" ist, da die beim Interview anwesenden Beamten der Organisation- und Personalabteilung darüber informiert zu sein schienen, und Denkweise und Maßnahmen der Verwaltung große Ähnlichkeit mit diesem Modell haben: Man kann sagen, daß für den Oberbürgermeister nach seiner Grundmeinung "ohne Theorie, nur Praxis" dieses übersystematisierte Modell umständlich ist, er aber nicht unbedingt gegen diese Denkweise ist.
Die Rationalisierung und Kostenreduzierung in der Stadt Neustadt sah so aus, daß man zunächst die Verwaltungsdienstleistungen der Stadt in einen wirtschaftlichen Bereich ( z.B. Krankenhaus, Schlachthof; Müllabfuhr und -beseitigung) und einen anderen Bereich (sogenannte Kernverwaltung wie Ausübung des Öffentlichen Rechts) teilte, und entsprechende Maßnahmen Für den jeweiligen Bereich durchführte (Tabelle 7).
Tabelle 7 Verwaltungsreform in
Neustadt an der Weinstraße
Wirtschaftlicher Bereich |
|
Kernverwaltung |
Auftrag an Privaten,
|
(Diese Tabelle wird Aufgrund des Interviews gemacht.)
Die Dienstleistungen des ersten Bereichs sollen prinzipiell unabhängig durch die Gebühreneinnahmen betrieben werden. Krankenhaus und Schlachthof, wo solche eine Verwaltung eher möglich ist, werden bereits als Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben. Dies ist der Form nach zwar eine "Privatisierung", da sie zu 100% von der Stadt finanziert werden, jedoch die Gesellschaften sind tatsächlich "Gesellschaften der Öffentlichen Verwaltung". In Deutschland gibt es keine "Gesellschaft der Öffentlichen Verwaltung" im japanischen Sinne, es gibt aber viele Gesellschaften, an der "öffentliche Organe" zu über 50% finanziell) beteiligt sind. Deswegen muß man hier darauf achten, daß solche Gesellschaften eigentlich wie "Gesellschaften der Öffentlichen Organe" (oder des dritten Sektors) in Japan funktionieren(27).
Aber es ist schwierig, daß Geschäfte, die bislang von der Stadt direkt verwaltet und nicht unbedingt unabhängig kostendeckend waren (ein Großteil wurde von anderen Finanzquellen gedeckt), unter dem Motto der Stadt "das Gebührenniveau nicht erhöhen" in die Form des Unternehmens übergehen. Um diesen Bereich (z.B. Müllabfuhr und -beseitigung, Verwaltung der Öffentlichen Parks) zu rationalisieren, blieb deswegen nur die Alternative, entweder die Aufgaben privaten Unternehmen aufzutragen oder mit der bisherigen Form der direkten Verwaltung die Leistungsfähigkeit der städtischen Unternehmen zu verbessern. Oberbürgermeister Weiler selbst ist nicht unbedingt dagegen, Aufgaben an private Unternehmen zu übertragen, aber er vertritt den Standpunkt, daß man wegen der bisherigen Erfahrungen damit vorsichtig sein müsse. So war zum Beispiel bei der Müllabfuhr und -beseitigung das Angebot einer privaten Firma deutlich günstiger als Öffentlichen Unternehmens. Danach zeigt sich aber, daß die Preise des privaten Unternehmer einen langfristige Monopolvertrag voraussetzen, und bei einem Vertrag über nur ein Jahr oder wenige Jahre die Preise völlig anders festgesetzt werden.
Am Ende hat sich die Stadt entschlossen, durch die direkte Verwaltung die Leistungsfähigkeit der städtischen Unternehmen zu verbessern, weil "bei wichtigen Geschäften wie Müllabfuhr und -beseitigung die Stadt langfristig nicht von bestimmten privaten Unternehmen abhängig sein sollte." Daneben hat die Stadt bei der Verwaltung der öffentlichen Parks einmal versucht, diese privaten Firmen zu übertragen, diese Unternehmen stellten aber die Bedingung, daß sie nur große Parks aber nicht kleinere Parks übernehmen (oder das Verwaltungsniveau senken). Deswegen konnte die Stadt dies nicht verwirklichen. Oberbürgermeister Weiler sagte: "Generell kann man sagen, daß bei provisorischen und kurzfristigen Geschäften kostengünstige "privaten" Firmen besser sind, bei mittel- und langfristigen Geschäften dagegen die "offizielle (öffentliche) Verwaltung." Er meint damit, daß man nicht nur kurzfristige Kostenprobleme, sondern vom langfristigen Gesichtspunkt auch das Niveau der Leistung bedenken soll.
Außerdem konzentriert sich, die Stadt Neustadt auf den Versuch, das Privateigentum durch Verkauf zu verwerten. Es ist vielleicht nicht so bekannt in Japan, daß die deutsche "Kommune" erstaunlicherweise viel Vermögen besitzen.(28) Diese Tatsache zeigt genug, daß die "Selbstverwaltung" in Deutschland eine lange Tradition hat. Neustadt macht eine Liste des in ihrem Besitz befindlichen Vermögens wie Grundstücke oder Gebäude, die zur Zeit nicht gebraucht werden oder nicht unbedingt genutzt werden sollen, und überlassen oder verleihen diese an den Privaten. Dieser Handel wird genauso wie der private Handel mit Marktpreisen getätigt. Diese Bemühung, den maximalen wirtschaftlichen Wert des staatlichen Vermögens herauszuziehen, ist eine Säule der Haushaltskonsolidierung von der Stadt Neustadt, aber das könnte in Japan nicht so nützlich sein, weil dessen realistische Bedeutung sehr anders ist:
2.3.2
Die Wirkung im Bereich der Kernverwaltung
Der Versuch im Bereich der Kernverwaltung in der Stadt Neustadt kann einem Wort als "Kostenreduzierung" zusammengefaßt werden. Nach Oberbürgermeister Weiler "Man beurteilt für die Verwaltung, was und wieviel nötig ist, und überlegt, wie man das, was nötig ist, am billigsten verwirklichen kann." Diese Denkweise ist sehr einfach und klar, und nicht besonders neu, deswegen braucht man das nicht weiter zu erklären. Aber wie es schon oftmals wiederholt wurde, liegt die Priorität bei "keine Theorie, nur Praxis", deswegen stelle ich hier ein paar Beispiele vor.
Es gibt auch in der Stadt Neustadt eine Tendenz, daß junge Leute im Vorort und ältere Leute in der Stadt wohnen, und im Vorort sind wenig Schulen aber in der Stadt zu viele. Besonders in den Vororten wurde der Neuaufbau von Schulen gefordert, und die Stadt hat als Gegenmaßnahme die Schulbusse eingeführt und läßt die Kinder aus dem Vorort zur Schule in der Stadt gehen.
Bei der Beschaffung von Waren läßt man normalerweise zunächst einen Kostenvoranschlag erstellen, und danach entscheidet sich für den Vertragspartner. In Neustadt holt man mehr als zwei Kostenvoranschläge ein, um dadurch die Preise zu senken. Tabelle 5 zeigt eine solches Beispiel, und hier sieht man eine Kostenreduzierung von 19.OOO,- DM. Das ist im Vergleich zum ersten Kostenvoranschlag 14.9 % weniger.
(Tabelle 5) Beispiel der Beschaffung von Waren
erster
|
zweiter Kostenvoranschlag |
letzter Kostenvoranschlag |
erster/letzter |
|
A |
9.436,39 |
7.818,32 |
7.818,32 |
17.1 |
B |
25.300,00 |
- |
20.585,00 |
18.6 |
C |
60.000,00 |
- |
50.000,00 |
16.7 |
D |
31.068,01 |
29.546,56 |
28.705,82 |
7.6 |
Insgesamt |
125.804,40 |
- |
107.109,14 |
14.6 |
Quelle: Dokumente der Stadt Neustadt
Im Rathaus werden die Bilder in den Zimmern oder auf dem Korridor aufgehängt, damit sich die Bürger wohlfühlen. Diese Bilder sind Drucke oder gemietete Originale. Das Bild im Zimmer des Oberbürgermeisters, wo ich eingeladen war, ist auch "gemietet" worden.
2.3.3
Beseitigung des Budgetausschöpfens
In Japan sagt man oft, daß es Ende des Finanzjahres "mehr Straßenbau gibt, um das Budget auszuschöpfen." In Deutschland kann man eine ähnliche Situation beobachten: In Deutschland entspricht das Finanzjahr dem Kalenderjahr von Januar bis Dezember. Deswegen nennt man dies "Dezemberfieber". Oberbürgermeister Weiler hat versucht, dieses " Dezemberfieber " zu beseitigen.(29) Die Grundlage des "Dezemberfiebers" ist wie in Japan folgendes: Wenn Budget aus dem vorigen Jahr übrig bleibt, wird das Budget in den Folgejahren gekürzt. Deshalb werden viele unnötige und nicht dringende Geschäfte getätigt. Oberbürgermeister Weiler ist der Meinung, daß " der Haushaltsplan nicht die zur Verfügung stehenden Finanzmittel, sondern nur eine Obergrenze für die Ausgaben zeigt, und deswegen soll man die vorhandenen Finanzmittel nur für notwendige Sachen ausgeben. " Er hat besonders die Ausgaben im vierten Quartal nur für wirklich notwendige und dringende Fälle begrenzt (er überwacht sie persönlich), und außerdem die Überschüsse des Budgets nicht auf die Abrechnung des folgenden Budgets bezogen (aus diesem Grund wird das Budget für das folgende Jahr nicht gekürzt). Es ist auch schon, klar, daß der durch diese Maßnahme entstehende Betrag prinzipiell auf den Nachtragshaushalt verrechnet (ermäßigter Nachtrag ) und als Haushaltsmittel des folgenden Jahres benutzt wird. In der Stadt Neustadt wird eine Budgetierung, wie sie in Köln durchgeführt wurde, nicht stattfinden. Damit könnte Oberbürgermeister Weiler andeuten, daß man nicht unbedingt eine solche Budgetierung einführen soll, sondern mit der Planung der "Verwaltung (Durchführung)" des Budgets ausreichend das Ziel der Kostenreduzierung erreichen kann.
2.3.4
Die Schaffung der einer "durchschaubaren" Struktur am Arbeitsplatz
Wie schon oben erwähnt wird, liegt in der Stadt Neustadt der Schwerpunkt darauf, daß jeder arbeiten kann, wie er will, ohne daß das System prinzipiell geändert wird. Die gründliche Rationalisierung oder Umstrukturierung und die Einführung des "Systems der Dezentralisierung von der Befugnis (Zuständigkeit) und Verantwortung "wird hier, im Gegensatz zu vielen anderen Städten, nicht ausprobiert. Den Grund dafür kann man in zwei Punkten zusammenfassen:
Es wird nicht unbedingt als nötig betrachtet, das System zu ändern, weil es eine kleine Stadt (die Zahl der Beamten ist auch nur et. 800) mit einem relativ einfachen Verwaltungssystem ist.
Man beseitigt die Angst der Mitarbeiter vor der Umstrukturierung und Arbeitsverlusten (29), und benötigt die aktive Zusammenarbeit der Mitarbeiter, um mit der "Politik" zusammen eine Reform zu erreichen.
Bei der Reform der inneren Verwaltung, wie z.B. den "Neuen Steuerungsmodellen" und auch den schon dargestellten drei Beispielen in den Städten, sollte man zunächst mit der ausführlichen Produktbeschreibung über städtische Verwaltungsdienstleistungen anfangen. Die Stadt Neustadt hat aber es nicht gemacht, statt dessen wurden die Beamten zum Umdenken gefordert, und dazu neue Planungsvarianten vorzulegen, die von bislang von "offizieller" Seite so nicht formuliert wurden. Dabei ist aber berücksichtigt, daß sich die Beamte damit nicht bedroht fühlen, oder dies als " Pflicht " empfinden, sondern daß sie eigene Ideen jederzeit freiwillig vorlegen können. Außerdem sind die Vorschläge nicht nur auf den zuständigen Bereich begrenzt; solche Idee werden nicht nach dem hierarchischen
System zum Oberbürgermeister gebracht, sondern gelegentlich erklärt ein Beamter von Unten seine Planungsvarianten direkt dem Oberbürgermeister. Den Beamten, die eigene Planungsvarianten vorgelegt haben, wird Seitens der "Politik" der Stadt (besonders durch den Oberbürgermeister) in jedem Fall geantwortet, ob die Varianten aufgenommen werden oder nicht. Diese Vorlage von Planungsvarianten wird als eine Routine durchgeführt und wie das Herr Beigeordneter Ressmann im Interview sagt: In der Stadt Neustadt "kauft" die "Politik stadtpolitische Planungsvarianten, die "Verwaltung" verkauft eigene Ideen, und das Rathaus ist der Marktplatz(31)."
Laut Herrn Ressmann ist eine Folge. dieser Vorgehensweise, daß wesentlich mehr Kommunikation zwischen der "Politik" und der "Verwaltung" sowie zwischen den Mitarbeitern entstanden ist, und daß die Beamte nun gerne "mitmachen" und daß die Atmosphäre des Rathauses sehr behaglich geworden ist(32). Dies ist allerdings die Selbsteinschätzung der Seitens der "Politik" und deswegen soll man auch die Seite der Beamten hören.
In diesem Text wurde die Stadt Neustadt als ein Beispiel der Verwaltungsreform in einer mittelgroßen Stadt in Deutschland vorgestellt. Wegen dieser Verwaltungsreform sowie der Anstrengung für den Finanzwiederaufbau wird die Finanzsituation der Stadt zur Zeit erheblich verbessert, und die Stadt Neustadt hat 1997 den ersten Preis beim Verwaltungsmanagement Abwart 97, der von der Universität Speyer veranstaltet wird, gewonnen. Hier möchte ich meine Eindrücke von der Verwaltungsreform der Stadt Neustadt kurz zusammenfassen.
Zunächst muß besonders betont werden, daß der Versuch in der Stadt Neustadt nicht mit "Theorie" sondern "Praxis" durchgeführt wurde. Dies ist eine krasse Antithese gegenüber der gegenwärtigen Situation, nicht nur in Deutschland sondern auch in Japan, wo die Verwaltungsreform leicht in Idealismus abschweift. Oberbürgermeister Weiler sagte; "Die Verwaltungsreform ist wie ein Mosaik, das mit einzelnen kleinen Anstrengungen für die Verbesserung der gegenwärtigen Situation zusammengesetzt ist.", und ich glaube, daß das stimmt.
Zweitens kann die Verwaltungsreform nicht nur alleine mit der Reform der "Verwaltung" erreicht werden, sondern auch eine Reform der "Politik" und "Bürger" ist notwendig. In dieser Hinsicht kann man das Beispiel der Stadt Neustadt als einen seltenen Fall verstehen, wobei diese drei Gruppen gut zusammengearbeitet haben, aber ich muß hier die letzte Bewertung unter Vorbehalt abgeben, weil ich hauptsächlich die "politische" Seite gehört habe beziehungsweise Dokument gelesen habe. Drittens bin ich davon beeindruckt, daß die Stadt Neustadt einerseits bei der Verwaltungsreform die Finanzkonsolidierung in den Mittelpunkt gestellt (was ja eigentlich kein besonders heiteres Thema ist), aber andererseits die Verwaltungsreform unter dem Aspekt durchgeführt hat, daß "sie das Potential für die Zukunft erhöht". Deswegen sollen alle drei, "Politik", "Bürger" und "Verwaltung", jeweils ihre Qualität verbessern. In der Stadt Neustadt werden keine Kosten gescheut, und man sieht es als eine Investition für die Zukunft, wenn die Ausgaben zu einer Qualitätsverbesserung der "Verwaltung" führen. Diese Grundlage kann man nicht in Japan erkennen, wo bei der Kostenreduzierung die Kosten in erster Linie innerhalb der "Verwaltung" gekürzt werden. So wie in der Stadt Neustadt kann man sich hier die Deutschen vorstellen, die im kalten Wind den Rücken steifhalten und immer nach vorne sehen.
(20) Die Darstellung über die
Stadt Neustadt wurden hauptsächlich nach "Tourist, Kongreß und
Saalbau GmbH Neustadt an der Weinstraße, Neustadt an der Weinstraße
1997" geschrieben.
(21 ) Ressmann, Wolfgang : "Haushaltskonsolidierung
und Verwaltungsreform in Neustadt an der Weinstraße 199'r', S.5
(22) Ressmann, Wolfgang : "Haushaltskonsolidierung
und Verwaltungsreform in Neustadt an der Weinstraße 1997", S.10-12,
zur Politik
(23) Über die Rolle von privaten
Vereinen oder Gruppen : Abe, Kinya : "Chusei no hoshi no shita de", Chikuma
Bunko, 1986, S.278-297, Murakami, Junichi : "Kenri no tame no Toso wo yomu",
Iwanami shoten,1983, S.197- 204, Sakai, Shuji
: "Nengu wo osameteita hitobito", Hosei Daigaku shuppan kyoku, 1986, S.315-320
(24) Über die Bürger von
der Stadt Neustadt : Ressmann, Wolfgang : "Haushaltskonsolidierung
und Verwaltungsreform in Neustadt an der Weinstraße 1997",
S.11-14,
(25) Ressmann, Wolfgang : "Haushaltskonsolidierung
und Verwaltungsreform in Neustadt an der Weinstraße 1997", S.14,
(26) Nach Manfred Wichmann, "Verwaltungsmodernisierung
in kleinen und mittleren Kommunen", Stadt und Gemeinde 5/1996, S.172, werden
viele Systeme auf Grund des "Neuen Steuerungsmodelles" in kleinen und mittleren
Städten eingeführt. 2um Beispiel zeigt die Untersuchung aus dem
Jahr 1996 in relativ kleinen Kommunen in Nordrhein- Westfalen, daß
ein Kontroll- und Berichterstattungssystem in 97.4 Î der Kommune
und ein Dezentralisierungsystem in den Bereichen Finanzierung und Verantwortung
in 96.1 Î der Kommune eingeführt wurde.
(27) Im Bericht des Bundesministeriums
des Innern, "Sachverständigenrat ´Schlanker Staat´ - Abschlußbericht
vorgelegt" wird erwähnt, daß (halb)offiziell finanzierte Unternehmen
und die Privatisierung ( volle Übertragung den Privat) gefördert
werden.
(28) Sakai, Shuji : "Nengu wo Îsameteita
hitobito", Hosei Daigaku shuppan kyoku,l986 , S.327-336 ,
(29) Ressmann, Wolfgang : "Haushaltskonsolidierung
und Verwaltungsreform in Neustadt an der Weinstraße 199T', S.16
(30) C. Rickards, Robert : "Schwierigkeiten
bei der Realisierung der kommunalen Verwaltungsreformen", der Gemeindehaushalt
8/1997, S.184-1'35
(31 ) Ressmann, Wolfgang : ,"Haushaltskonsolidierung
und Verwaltungsreform in Neustadt an der Weinstraße 1997", S.16
(32) Ressmann, Wolfgang : "Haushaltskonsolidierung
und Verwaltungsreform in Neustadt an der Weinstraße 1997", S.15
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